Tauchphysiologie
Der menschliche Körper unter Wasser
Der Mensch besteht bekanntermaßen zu 80% aus Wasser – warum also ist es so schwierig für unseren Körper, dem Druck unter Wasser und diesem schweren Material um uns ausgesetzt zu sein?
Wie die wenigen luftgefüllten Hohlräume in unserem Körper Probleme machen können und wie sich der Stickstoff durch den Körper bewegt, werden wir in diesem Kapitel erklären. Und ein paar Fragen stellen: Ist ein PFO wirklich ein großes Risiko? Bekommen Taucher:innen DCS, weil sie dehydriert sind?
Es handelt sich hier nicht um eine komplette, umfassende Erklärung zur Tauchphysiologie, sondern um Veranschaulichungen und Ergänzungen zum SSI Science of Diving Kurs oder anderen Ausbildungsmaterialien.
Die Lunge
Aufbau der Lunge
Wenn Sie sich da so ne Lunge vorstellen, dann stellen Sie sich doch einfach mal so nen Schwamm vor….
Die etwas flapsige Beschreibung ist gar nicht so weit weg von dem, was eine Lunge ist: ein schwabbeliges Netz von Luftbläschen, Alveolen, die Sauerstoff ins Blut transportieren. Und dabei auch alles andere mitnehmen, das eingeatmet wird. Zum Glück werden größere Verunreinigungen wie Feinstaub auf dem Weg hinein rausgefiltert und mit dem Lungenschleim wieder nach außen transportiert, Gase jedoch können ungehindert bis in die Alveolen und von da ins Blut gelangen.
Die eingeatmete Luft kommt durch die Luftröhre in die Bronchien, die größeren Luftwege, und von dort in die immer weiter verzweigten Bronchiolen. Diese enden in den Alveolen, den von einer feinen Membran umgebenen Luftbläschen, in denen der Gasaustausch mit dem Blut stattfindet. Dieser Gasaustausch interessiert uns beim Tauchen besonders, deshalb widmen wir ihm einen ganzen Abschnitt.
Die Lunge liegt von den Rippen geschützt im Brustraum. Sie ist selber kein eigener Muskel, sondern ein weiches Gewebe, umhüllt vom Lungenfell, das es zusammenhält. Das Lungenfell klebt am Rippenfell, gehalten durch einen Flüssigkeitsfilm im Zwischenraum, dem Pleuraspalt.
Beim Einatmen bewegen wir den Brustkorb oder das Zwerchfell. Die Lunge bleibt am Rippenfell kleben und muss dadurch größer werden – es enststeht ein Unterdruck, der mit Luft von außen gefüllt wird. Beim Einatmen ist unsere Atemmuskulatur angespannt, beim Ausatmen lassen wir sie erschlaffen – die Luft entweicht quasi von selbst.
Lungenbarotrauma
Wie wir gesehen haben, ist die Lunge kein eigener Muskel, sondern ein von Alveolen und Kapillaren durchzogenes Gewebe, das durch den leichten Unterdruck im Pleuraspalt in Form gehalten wird.
Verletzungen in diesem Gewebe führen zu verschiedenen Formen von Lungenbarotraumata. Baro bedeutet nichts weiter als Druck, ein Trauma ist eine Verletzung, also übersetzt nichts weiter als druckbedingte Lungenverletzungen, oder auch Lungenüberdehnungsverletzungen.
Ein Lungenbarotrauma entsteht, wenn Alveolen (oder – selten – andere Gefäße) platzen und Gas aus der Lunge austritt. Je nachdem, wo dieses sich befindet, verursacht es unterschiedliche Verletzungen.
Gelangt Luft in den Pleuraspalt, kann es zu einem Pneumothorax kommen. Tritt Luft aus den Alveolen aus, können sich diese zu einem subkutanem oder einem mediatsinalen Emphysem entwickeln. Und im schlimmsten Fall, wenn Luft in die Kapillaren und damit ins Blut gerät, kann es zu einer Arteriellen Gasembolie kommen.
Pneumothorax
Wenn Gas aus der Lunge in den Pleuraspalt gelangt, kann der Unterdruck nicht mehr gehalten werden, durch den die Lunge am Rippenfell hält. Der betroffene Lungenflügel fällt zusammen, der Gasaustausch ist schwer beeinträchtigt.
Die Verletzung ist nicht tauchspezifisch, sondern ist allen Rettungsdienstlern gut bekannt: sie tritt häufig nach Unfällen auf, wenn durch eine Verletzung Luft von außen in den Pleuraspalt eindringt. Ein Pneumothorax ist gefährlich, aber heilbar, wenn er rechtzeitig erkannt wird.
Subkutanes Emphysem
Ein subkutanes Emphysem ist eine Gasansammlung (Emphysem) unter der Haut – sub heißt unter, cutis ist die Haut.
Von außen sind Schwellungen der Haut sichtbar, die beim Abtasten leicht knistern. Zu solchen Gasansammlungen kann es durch Lungenverletzungen kommen, sie treten vor allem in Schulter- und Nackenbereich auf.
Das Emphysem selbst ist normalerweise gut behandelbar, aber die dahinter steckende Lungenverletzung sollte bei Taucher:innen natürlich besonders ernst genommen werden.
Mediastinalemphysem
Bei einem mediastinalen Emphysem gelangt das Gas ins Mediastinum, das ist der Bereich im Brustkorb.
Gefährlich ist das vor allem deshalb, weil eine größere Gasblase aufs Herz drücken kann. Rechtzeitig erkannt ist ein Mediastinalemphysem aber behandelbar.
Arterielle Gasembolie
Im allerschlimmsten Fall kann Gas (Luft) aus den arteriellen Blutkreislauf gelangen. Wenn das passiert, können die Blasen den Blutstrom in Gehirn blockieren und dadurch Symptome auslösen, die einem Schlaganfall ähneln.
Es handelt sich dabei um den schwersten Fall einer Lungenüberdehnugsverletzung. Die AGE ist leicht mit einer schweren Form der DCS zu verwechseln: Bei beiden sind Bläschen im arteriellen Blutkreislauf Auslöser der Symptome. Bei einer AGE handelt es sich um Luft, die aus der Lunge kommt, bei einer DCS um Stickstoff, der in der Dekompressionsphase nicht vom Lungenfilter abtransportiert wird. Meist tritt die DCS ein wenig später auf als eine AGE.
Als Taucher:innen müssen wir nicht in der Lage sein, die Symptome zu unterscheiden – die Erste Hilfe ist immer die gleiche: Rettungsdienst rufen, Sauerstoff, wenn nötig HLW.
Wie geht die Lunge kaputt?
Wenn es in Tauchkursen um die Lunge geht, wird immer ein Ballon dargestellt. Der ändert dann sein Volumen je nach Tiefe, und wenn er aufgeblasen aufsteigt, dann platzt er. So stellt man sich dann gerne die Lunge vor.
Wie wir schon gesehen haben, ist die Lunge aber kein Ballon, sondern eher ein Schwamm mit Luftbläschen. Was platzen kann, sind diese Luftbläschen, die Alveolen. Und wenn viele davon platzen, ist auch die Lunge gerissen.
Wie kann das passieren? Immer dann, wenn die Luft aus den Alveolen nicht entweichen kann.
Zum Beispiel, weil die Lungenbläschen (Alveolen) verkleben. Das kann passieren, wenn die Beschichtung, der Surfactant, beschädigt ist, oder weil die Bronchiolen verschleimt sind.
Air Trapping
Wenn Luft aus den Alveolen nicht entweichen kann, nennt man das Air Trapping. Bekannt ist ein solcher Zustand von Menschen mit schweren Lungenerkrankungen, zum Beispiel der rauchertypischen chronisch-obstruktiven Lungenkrankheit (COPD). An Land führt das dazu, dass weniger Sauerstoff aufgenommen wird. Unter Wasser jedoch kann es beim Aufstieg zu sehr ernsten Schäden führen.
Wenn die Alveolen oder die Bronchiolen verkleben und die Luft nicht mehr hinauskommt, man aber trotzdem aufsteigt, dehnt die Luft sich aus. Und genau das führt dan dazu, dass Lungenbläschen platzen – ein Lungenbarotrauma entsteht.
Schnelle Aufstiege
Auch mit einer gesunden Lunge kann es zu Überdruckverletzungen kommen, nämlich dann, wenn die Luft nicht schnell genug aus den Alvelen entweichen kann.
Die Alveolen können keine unbegrenzt große Mengen sich ausdehnender Luft abtransportieren. In ihnen kann also beim Aufstieg auch dann ein Überdruck entstehen, wenn man ausatmet. Und dagegen hilft nur ein langsamer Aufstieg, auch und gerade aus geringen Tiefen.
Platzt die Lunge, wenn man die Luft anhält?
Unter den ersten Regeln beim Tauchen lernt man, niemals die Luft anzuhalten. Mancmal wird es etwas präzisiert: Zumindest nicht beim Aufstieg.
Das ist grundsätzlich sicher eine gute Idee, wer bewußt ausatmet, sorgt für einen guten Gasaustausch.
Unklar ist jedoch, ob es überhaupt möglich ist, willentlich durch Verschließen der Atemwege einen gefährlichen Überdruck in der Lunge herzustellen. Wenn man einfach nur „die Luft anhält“, sind die Atemwege nicht hermetisch dicht, und die Luft sucht immer den einfachsten Weg nach draußen. Auch wenn es grundsätzlich wichtig ist, die Atemwege beim Aufstieg offen zu halten: Wahrscheinlich ist die Aufstiegsgeschwindigkeit wichtiger.
Möglicherweise spielt auch ein Stimmritzenkrampf eine Rolle bei Lungenüberdehnungsverletzungen. Ausgelöst werden kann er durch Panik, oder durch Wassertröpfchen, die auf die Stimmbänder treffen – z.B. durch einen nicht ganz dichten Regler. Bei einem solchen Krampf verschließen sich die Luftwege komplett. Die Person kann nicht mehr atmen, gerät in Panik und steigt auf – und dabei kann es zu wirklich schwerwiegenden Lungenverletzungen kommen.
Da sich der Krampf löst, sobald die Person bewußtlos wird, ist es unklar, ob das tatsächlich die Ursache für relativ unerklärliche Lungenüberdehnungsverletzungen ist. Gerade weil ein solcher Aufstieg aus größeren Tiefen tragisch enden kann, lassen sich solche Unfälle nur schwer nachvollziehen. Da es aber durchaus eine realistische Möglichkeit ist, sind gt gewartete Regler und alles, was zur Vermeidung von Panik beiträgt, sicher immer eine gute Idee.
Wie viel atmet der Mensch?
Wie viel Luft bewegen wir eigentlich? Um sich eine Vorstellug zu machen: Obwohl ein durchschnittlicher Mann etwa eine Lungenkapazität von 6l hat, bewegt er mit einem normalen Atemzug nur etwa 0,5l. Bei Anstrengung wird das natürlich mehr.
Das Lungenvolumen unterteilt sich in ein Residualvolumen von etwa 25% des Gesamtvolumens und die Vitalkapazität aus den restlichn 75%. Das Residualvolumen ist das Volumen, das bestehen bleibt, wenn man vollständig so tief wie nur möglich ausgeatmet hat.
Normalerweise findet unsere Atmung im unteren bis mittleren Bereich des Lungenvolumens statt: Wir atmen entspannt, wenn wir uns weder beim Ein- noch beim Ausatmen anstrengen müssen. In welchem Bereich der Lunge wir atmen können wir natürlich auch in einem gewissen Rahmen steuern und darüber kurzfristig unsere Tarierung beeinflussen – zur Etspannung trägt vor allem eine möglichst leere Lunge bei.
Gasaustausch
Bei jedem Atemzug strömt neue Luft in unsere Lunge und gelangt in die Millionen von Lungenbläschen. Hier, in den Alveolen, treten Sauerstoff und Inertgase in den Blutkreislauf über.
Der Sauerstoff bindet sich ans Hämoglobin, bis dieses gesättigt ist. Danach diffundiert er mit ins Blut.
Stickstoff hingegen ist ein Inertgas – das sind Gase, die keine chemischen Bindungen eingehen. Bei erhöhtem Druck tritt er in den Blutkreislauf über, bei einem geringeren Druck in der Lunge wird er durch die Lunge wieder abgeatmet.
Was dabei mit dem Stickstoff passiert, folgt zwei physikalischen Grundregeln:
„Gesetz von Henry“: Konzentration eines in einer Flüssigkeit gelösten Gases ist proportional zum Partialdruck des Gases über der Flüssigkeit
„Prinzip von Le Chatelier“: Es liegt in der Natur, Zwängen auszuweichen. Bei Partialdruck – Erhöhung à vermehrte Lösung von Gas
DCS: Dekokrankheiten
Frag einen OWD-Schüler nach DCS, und Du bekommst zur Antwort „DCS…weiss nicht genau, irgendwas mit Blasen vielleicht.“.
Frag einen erfahrenen Taucher nach DCS, und die Antwort besteht aus einer langen Erklärung, dass zu schnelles Auftauchen oder die Missachtung von Stopps zu Blasen in Körpergeweben führt, und das löst die DCS aus.
Frag einen Tauchlehrer nach DCS, und Du bekommst einen halbstündigen Vortrag zu verschiedenen Profilen, Dekomodellen, Oberflächenpausen und Strategien, um die Blasenlast zu reduzieren und DCS zu vermeiden.
Frag einen erfahrenen Tauchmediziner nach DCS, und Du bekommst einen einstündigen Vortrag zu Arterialisation von Blasen, zu den unterschiedlichen Formen der DCS, zu Echokardiogrammen und zu den Möglichkeiten, mit HBO die Blasen wieder weg zu bekommen.
Frag einen Wissenschaftler der sich sein ganzes Leben lang mit DCS befasst hat, und die Antwort wird sein „DCS…weiss nicht genau, irgendwas mit Blasen vielleicht.“
Alle Dekotheorie bemüht sich um eins: Das Risiko gesundeitlicher Probleme nach dem Tauchen zu minimieren. Wie die Dekokrankheit auftritt, welche Symptome sie verursacht und wie man sie behandeln kann, ist – dem seltenen Auftreten angemessen – recht gut bekannt. Viel weniger klar ist jedoch, was genau sie verursacht.
Einigermaßen sicher ist, dass Stickstoffblasen im Körper viel damit zu tun haben. Was genau aber, wann die Blasen zu Symptomen führen und wann nicht, ist nicht abschließend geklärt: Zwei Personen können eine identische Blasenlast aufweisen, einer erkrankt, der andere spürt gar nichts. Die Blasen scheinen es also nicht alleine zu sein.
Welche Gewebe betroffen sind, scheint auch eine Rolle zu spielen. Bestimmte Symptome scheinen mit Übersättigungen in bestimmten Geweben zu korrellieren.
Ganz genau weiß man es aber nicht. Jeder Tauchgang birgt ein gewisses Risiko, danach eine Dekokranheit zu erleiden. Dieses Risiko können wir nach bestem Wissen minimieren, aber niemals ganz ausschließen. Deshalb ist es wichtig, die Symptome zu erkennen und im Zweifel angemessen zu reagieren.
Was Taucher:innen halt mal haben: „Ein bisschen DCS“
Gerade nach mehreren Tauchtagen kommt es nicht gerade selten vor, dass leichten Symptome einer DCS wahrgenommen werden. Auf Tauchsafaris mit unbegrenzt vielen Tauchgängen sind es manchmal die Momente, in denen man sich doch nicht mehr so wohl fühlt, die einen dann doch etwas ausbremsen.
Typisch für leichtere Formen der Dekokrankheit ist ein leichtes Kribbeln auf der Haut, früher als „Taucherflöhe“ bezeichnet. Manchmal kommt es zu leichten Rötungen, leicten Schmerzen in den Gelenken, und man ist einfach müde – mehr, als man es von der Anstrengung erwarten würde.
Oft werden solche eher leichten Symptome nicht wahrgenommen oder geleugnet und können sich dann zu schwereren Symptomen entwickeln Deshalb sollte man auch leichten Beschwerden gut beobachten.
Solche Symptome wurden früher als „DCS I“ bezeichntet, inzwischen werden sie als möglicher Vorläufer schwererer Symptome ernster genommen.
Marmorhaut – Cutis marmorata
Blaue Flecken nach dem Tauchen sind gerade in den älteren Jahrgängen als typische Taucherkrankheit bekannt.Mann kannsie vor allem dann beobachte, wenn viele Tauchgänge hintereinander gemacht wurden und die mittleren Gewebe an ihre Sättigungsgrenzen gekommen sind.
Zu sehen sind blaue Flecken auf der Haut, oft an Bauch oder Oberschenkeln, schmerzhaft und manchmal leicht gewölbt. Häufig ändern sie ihre Form und Größe mit der Zeit.
Sehr lange wurden sie nicht allzu ernst genommen. Inzwischen muss man aber davon ausgehen, dass sie oft von anderen Symptomen begleitet werden, die man nicht übersehen sollte.
DCS: Schwere Symptome
Der Stickstoff kann in unserem Körper manchmal zu sehr schweren Ausfallerscheinungen führen – um das aber angemessen zu bewerten: Solche Fälle sind extrem selten. Unter den wenigen Todesfällen beim Tauchen spielt DCS eine untergeordnete Rolle, und Fälle mit schweren, anhaltenden Schäden gibt es so selten, dass (fast) jeder persönlich bekannt ist.
Trotzdem ist es ein ernstzunehmendes Risiko. Wenn direkt nach dem Tauchgang Lähmungserscheinungen, Sprachstörungen, Schwäche, Schwindel und andere deutliche Anzeichen auftauchen, kann es sich um einen schweren Dekounfall handeln. So etwas ist extrem selten und kann mit einer Lungenverletzung verwechselt werden. Da die Unterscheidung zu Beginn der Behandlung irrelevant ist, reicht es für Ersthelfer:innen zu erkennen, dass es sich um ein lebensbedrohliches Problem handelt.
Weitere schwere Symptome können mittlere bis starke Schmerzen, Koordinationsstörungen, Seh- und Sprachstörungen, Schwindel und Bewußtlosigkeit sein. Hinzu kommt eine Vielzahl möglicher Symptome: Da die Stickstoffblasen an den unterschiedlichsten Stellen des Körpers Probleme verursachen können, gibt es keine einheitliche Symptomatik. Bei Beschwerden nach dem Tauchen sollte man also überlegen, ob es einen Zusammenhang geben könnte.
PFO: Persistierendes Foramen Ovale
Ein offenes Foramen ovale, ein kleines Loch zwischen den beiden Herzvorhöfen, kommt bei recht vielen Menschen vor – man schätzt bei etwa 10-33%.
Es ist etwas ganz normales: Jeder Mensch hat diese Verbindung beim Heranwachsen im Mutterleib. Dieses kleine Loch erlaubt den Blutaustausch zwischen sauerstoffreichen und sauerstoffarmen Blut, solange der Fötus noch nicht selbst atmet. Nach der Geburt verschließt es sich von selbst, bei einigen Menschen aber nicht komplett.
Es kann eine kleine Öffnung zurückbleiben, normalerweise 1-19mm groß. Im normalen Leben fällt es meistens nicht einmal auf – beim Tauchen hingegen könnte es ein Problem darstellen.
Warum könnte ein PFO für uns relevant sein?
Durch ein PFO kann Blut von einer zur anderen Seite des Herzens übertreten. Was im normalen Leben nur selten ein Problem ist – vielleicht hat es etwas mit Migräne zu tun, vielleicht sielt es bei Schlaganfällen mit, aber eigentlich beeinträchtigt es uns nicht direkt – kann beim Tauchen durchaus an Bedeutung gewinnen.
Selbst bei ruhigen Tauchgängen innerhalb der Nullzeitgrenzen können sich Stickstoffbläschen bilden. Diese ziehen normalerweise durch den Vorhof erst mal in die Lunge und werden dort rausgefiltert. Durch ein PFO können sie jedoch direkt in den arteriellen Kreislauf übertreten. Gerade wenn zusätzlich noch Druck auf den Brustkorb ausgeübt wird, z.B. bei einem forcierten Druckausgleich, kann der Weg durch das PFO einladender sein als der Weg in die Lunge.
Bläschen im arteriellen Kreislauf sind besogniserregend, da sie neurologische Symptome auslösen können. Untersuchungen der Betroffenen von DCS legen nahe, dass ein PFO zu einem deutlich erhöhten Risiko schwerer DCS führt.
Aber: Die Details sind Wichtig
Auch wenn man davon ausgehen muss, dass sich das DCS-Risiko bei einem PFO erhöht, sollte man die Daten dazu mit Vorsicht genießen. Warum? Gerade bei absolut betrachtet kleinen Risiken ist ein Verweis auf ein relativ erhöhtes Risiko nicht immer sinnvoll.
Die eine Sache (DCS) ist sehr selten (ca. 1 pro 10 000 TGs). Die andere Sache (PFO) ist sehr häufig (ca. 1 pro 4 Taucher). Und die postulierte Verbindung zwischen beiden extrem sexy. Man möchte also einfach glauben, dass es einen Zuammenhang gut, weil er so klar und logisch auf der Hand liegt. Eine solche Lage kann dazu führen, dass andere mögliche Ursachen übersehen werden.
Blasen können nur dann durch ein PFO in die Arterien gelangen, wenn es sie überhaupt gibt. Das bedeutet, nach blasenarmen Tauchgängen, oder wenn die Person eher weniger ausbildet, ergibt sich das Problem gar nicht erst.
Dazu kommt, dass das PFO nicht der einzige Ort ist, an dem Blasen übertreten können. Es existieren noch andere koronare Shunts, und daneben nicht ganz seltene Lungenshunts. uch mit arterialisierten Blasen funktoniert der Rückschluss auf ein PFO nicht.
Keinesfalls ist ein PFO an allem Schuld
Wenn jemand eine DCS erleidet, steht das PFO immer ganz weit oben in der Liste der verdächtigen Ursachen. Das ist menschlich, man möchte doch so gerne einen Grund haben, einen „Schuldigen“ ausmachen. Leider ist das in diesem Fall icht so einfach.
DCS – Fälle bei denen der gut motivierte Verdacht besteht sie stünden mit einem PFO in Verbindung scheinen insbesondere neurologische Symptome, Probleme mit dem Innenohr, und „Skin Bends“ aufzuweisen
Eine große Anzahl aller Tauchunfälle passiert aber, ohne dass wir einen direkten Grund ausmachen könnten – die sogenannten „undeserved hits“. Die statistische Wahrscheinlichkeit, dass es nun mal immer mal wieder jemanden trifft, lässt sich nur extrem selten einer eindeutigen Ursache zuordnen (außer natürlich dem Tauchen an sich).
Auf gar keinen Fall sollte man also jeden Taucher, der anspruchsvoller Tauchen möchte oder einen Unfall hatte, überreden, sich doch testen zu lassen. Der Test auf ein PFO und eine eventuell überlegeswerte Operation bringt selbst so weitgehende Risiken mit sich, dass genau abzuwägen ist, ob man das Risiko im Vergleich zu einem immer noch recht geringen DCS Risiko tatsächlich in Kauf nehmen möchte.