Vulkane und Meer

Als Taucher:innen interessiert uns natürlich in erster Linie, was wir unter Wasser finden können. Bei 70% Erdoberfläche, die von Wasser bedeckt sind, ist es nicht weiter erstaunlich, dass auch die meisten Vulkane unter Wasser liegen. Die meisten davon sind noch nicht einmal bekannt, nur sehr selten kommt einer so nah an die Oberfläche, dass wir die Auswirkungen direkt wahrnehmen können. Ein Beispiel dafür ist der Vulkan Tagoro, der 2011 vor der Küste El Hierros entstanden ist.
Einfacher zu beobachten sind die Stellen, an denen Lava von Land aus ins Meer geflossen ist. Was genau da passiert, schauen wir uns am Beispiel der verschiedenen Vulkanausbrüche auf La Palma innerhalb eines Jahrhunderts an.
Aber weil der größte Teil des Vulkanismus weit in der Tiefsee verborgen ist, fangen wir mit diesen tiefsten vulkanischen Phänomenen an: Den schwarzen und weißen Rauchern.

Vulkanismus in der Tiefsee

Weit unterhalb dessen, was Menschen sehen können, existieren mehr Vulkane als die uns bekannten. Gerade entlang der mittelozeanischen Rücken, also dort, wo Platten aufeinanderstoßen, sind vulkanische Aktivitäten häufig. Der Meeresgrund ist alles andere als ruhig – am laufenden Band pressen Gase und Gestein aus der Erskruste nach oben. Dass sie unser Leben heute nur wenig beeinflussen, bedeutet nicht, dass wir Menschen nichts mit ihnen zu tun hätten: Möglicherweise liegt hier in der Tiefsee der Ursprung des Lebens.
Unterteilt wird das, was in der Tiefsee auftritt, in Schwarze und Weiße Raucher.

Schwarze Raucher

Bei den Schwarzen Rauchern, vor allem um die mittelozeanischen Rücken anzutreffen, handelt es sich um hydrothermale Quellen. In ihnen trifft heißes Magma auf Meerwasser. Bei der Vermischung wird es explosiv, das magmatische Wasser tritt an die Oberfläche und trifft auf unendlich viel Meerwasser. Die darin entaltenen Minerale bilden eine Art Wolken und teils große Röhren. Die durch das Magma eingetragenen Nährstoffe ermöglichen durch chemische Verbindungen mit dem ozeanischen Wasser das Ausbilden von komplexen Ökosystemen,die unabhängig vom Sonnenlicht funktionieren.

Weiße Raucher

Bei den weißen Rauchern steigt statt dem schwarzen Nebel eher ein weißer Dampf auf, wie man ihn an Land als Wasserdampf kennt. Bei diesen alkalischen Quellen handelt es sich um Gase, sie aus einer Reaktion von Wasser mit dem Grundgestein entstehen – ein direkter Kontakt mit Magma findet nicht statt. Mit 40°C – 90°C sind sie deutlich kühler als ihre Kollegen, die Schwarzen Raucher.

Rolle bei der Evolution des Lebens insgesamt(?)

Wasser ist eine grundlegende Bedingung für die Existenz von Leben, und vieles spicht dafür, dass alles Leben aus dem Wasser entstanden ist. Wenn man heute beobachten kann, wie sich einfache Lebensformen rund um hydrothermale Quellen ansiedeln, entwickeln sich daraus Fragen darüber, wie viel diese Lebensformen eigentlich mit der „Krone der Schöpfung“ verbindet.
MIt Muscheln bewachsene Hydrothermalquellen. Bild: Marum

Unterwasservulkane

Tagoro, El Hierro 2011

Vulkanische Phänomene unter Wasser erschöpfen sich aber natürlich nicht in hydrothermalen Feldern. Selbstverständlich kommt es auch regelmäßig zu ganzen Vulkanausbrüchen unter Wasser. Einer der jüngsten und am besten erforschten Unterwasservulkane ist der Tagoro vor der Küste der kanarischen Insel El Hierro. Er ist im Oktober 2011 ausgebrochen; wie sehr häufig erfolgte der Ausbruch aber nicht ganz überraschend. Schon seit Juli 2011 hatte er sich im Gegenteil durch eine zunehmende seismische Aktivität angekündigt, es wurden mehr als 10.000 kleine Erdbeben um El Hierro registriert. Zudem war messbar, dass sich der Boden aufwölbte: Knapp 5cm Deformation kündigten die aufsteigende Lava an.
Der erste Schlot öffnete sich etwa 5km vor der Küste, in der Gegend, die als “Mar de Las Calmas” bezeichnet wird – die ruhigere Südseite der Insel, an der auch einige bekannte Tauchplätze liegen. Der Ausbruch begann in einer Tiefe von 1 km, und so war an der Oberfläche zunächst wenig davon zu spüren. In den nächsten Tagen und Wochen öffneten sich aber neue Schlote, immer näher an der Küste und in immer flacherem Wasser. In den 147 Tagen die der Ausbruch andauerte, hat sich die Unterwasserlandschaft vor der Küste La Restingas nachhaltig verändert.
Die zweite Öffnung war noch 3,7km von der Küste entfernt, die dritte 2,7km, und am Ende kam die vulkanische Aktivität bis auf einen km an die Küste heran. Vorsorglich war während des Ausbruchs der Ort La Restinga evakuiert, die dort ansässigen Tauchbasen bangten um ihre Existenz.
Auf Grund der extrem steil abfallenden unterseeischen Geographie der Kanaren blieb die vulkanische Aktivität auf Tiefen beschränkt die zum Tauchen leider nicht geeignet sind. Zwar hat sich in der küstennahen Zone ein Lavadom aufgebaut, der näher an die Oberfläche ragt – mit den heutigen 89m Tiefe liegt aber auch er deutlich jenseits der Grenzen des Sporttauchens.
Interessant zu beobachten war der Ausbruch jedoch allemal: zunächst war eine schwefelig gelbe Verfärbung des Wassers zu sehen. Mit den flacher werdenden Schloten haben sich „Jacuzzis“ gebildet, sprudelnde runde Gebiete auf dem Meer, wo die Gase des Vulkans aufgestiegen sind. Darauf trieben Lavabrocken einer Lavasorte, die bis dato auf den Kanaren unbekannt war, und die man „Restingolitas“ taufte. Insgesamt 329 Millionen Kubikmeter Lava hat der Vulkan gefördert, und ist damit der zweitgrößte der Kanaren in historischer Zeit (nach dem Timanfaya auf Lanzarote). Das geförderte Volumen übertrifft auch das des Ausbruchs an der Cumbre Vieja auf La Palma 2021 (ca. 200 Millionen Kubikmeter).
Vulkan Tagoro von oben - Bild: NASA

Auswirkung auf die Meeresfauna

Während des Ausbruchs wurden viele an der Oberfläche treibende tote Fische beobachtet. Ursache für das Fischsterben waren dabei nicht etwa Explosionen, sondern der Sauerstoffmangel im Wasser in direkter Umgebung des Ausbruchs.
Was wie eine traurige Katastrophe für die Fischwelt erschien, kehrte sich aber kurze Zeit später ins Gegenteil. Nach der Eruption erholten sich die Fischbestände erstaunlich schnell, und anekdotisch wird berichtet, dass rund um den Vulkankegel heute mit den größten Fischreichtum gibt. Natürlich zog die Frage auch Forscher:Innen an, die sich eine solch seltene Gelegenheit nicht entgehen lassen konnten. Nachweisbar waren zwar durchaus Veränderungen der Chemie, z.B. ein erhöhter Eisengehalt in unmittelbarer Nähe des Vulkans, und ein etwas niedrigerer pH-Wert des Wassers an derselben Stelle. Unter anderem da dieses Phänomene aber sehr lokal begrenzt waren, reichen sie als Erklärung für die schnelle Erholung des Fischbestands nicht aus. Es bleibt also noch viel Forschungsarbeit zu tun um die komplexen Wechselwirkungen zwischen unterseeischem Vulkanismus und den marinen Ökosystemen zu verstehen.

Jacuzzi Mar de Calmas - Bild: IEO

Tonga: Rekordausbruch im Pazifik, 2022

Nicht immer sind Vulkanausbrüche im Meer so sanft wie der auf El Hierro. Anfang 2022 kam es in der Nähe der Tonga-Inseln, 65km von der Hauptstadt entfert, zu einer gewaltigen Explosion: Der Unterseeische Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai war ausgebrochen. Eine massive Aschewolke erhob sich mehrere Kilometer weit, es bildete sich eine Tsunami-Welle, die weltweit zu spüren war, und auch die Schallwellen der Explosion waren selbst in Europa noch messbar.

Wenn Lava ins Meer fliesst

Die Küsten in vulkanischen Regionen sind ausgesprochen sehenswert: Wo Lava ins Meer fließt, bilden sich interessante Felsformationen. Je nach Zusammensetzung der Lava können verschlungene Lavazungen entstehen, oder auch schroffe, spitze Schotterlandschaften. Wo sie erstarrt, bildet sich Kissenlava aus, und Lavaklumpen werden zu den skurrilsten Formationen. Wo sich Mulden bilden, lagert sich oft schwarzer Sand ab und bildet kleine Strände aus.
Vulkanische Küsten sind ausgesprochen interessant – aber noch spannender wird es, wenn man sich vorstellen kann, was bei Zusammentreffen von Lava und Meer passiert ist.

Ein Lavadelta entsteht

In dem Moment, in dem Lava bei einem aktiven Vulkanausbruch das Meer erreicht, sorgt sie zunächst für ein beeindruckendes Schauspiel: Die um die 1000°C heiße Lava lässt das Meerwasser förmlich verdampfen, es bildet sich eine enorme Gaswolke. Zum größten Teil besteht sie aus Wasserdampf, es können aber auch durch die Reaktion des geschmolzenen Gesteins mit dem Salzwasser gefährliche Produkte wie Salzsäure entstehen. Auch der in der Lava enthaltene Schwefel und andere Stoffe wie Fluor und Brom können mit dem Wasser reagieren und so gesundheitsgefährdende Gase bilden. Wichtig ist hier allerdings, dass die Konzentration dieser Gase durch die Verdünnung an der Luft mit dem Abstand sehr schnell abnimmt, und normaler Weise ein lokal sehr begrenztes Problem darstellt. Man sollte ein solches Ereignis also immer aus sicherer Entfernung aus dem Luv heraus betrachten…
Und während diese Gase für Menschen in unmittelbarer Nähe gefährlich werden können, bleibt die Meeresfauna weitgehend intakt. Natürlich werden natürlich alle sessilen Lebewesen in der Zone von Lava bedeckt, aber was Flossen hat, schwimmt einfach weg. Das Wechselspiel der beiden gigantischen Urgewalten Lava und Wasser ist seit Urzeiten Teil des Kreislaufs des Lebens. Im ersten Moment sieht das Ganze zwar nach einer wüsten Zerstörung aus, aber die Lava kühlt im Meerwasser schnell ab, und das Leben nimmt die Zone wieder in Besitz. Schon Tage nach Eintritt der Lava ins Meer sind Fische zu sehen, und auch die Grundlagen der Nahrungsketten starten von Neuem und locken viele Lebewesen wieder an. Jüngere Lava ist oft extrem strukturiert und bietet so vielen Meeresbewohnern einen Lebensraum, was sich im oftmals sehr bunten und spannenden „Bewuchs“ zeigt.
Viele Lavaformationen kann man im flachen Wasser (0-20m) bewundern. Bisweilen erreichen sie aber auch deutlich mehr Tiefe: Auch auf 50-100m lassen sich noch auslaufende Lavazungen beobachten.Das bekannteste Bild von Vulkanen entspringt wohl den Schichtvulkanen, auch Stratovulkane genannt. Bei ihnen legt sich eine Lavaschicht über die andere und formt so einen weithin sichtbaren hohen Kegel. Die Lava, die solche Formen bildet, ist sehr zähflüssig – es bilden sich bröckelige und festere Schichten aus, die deutlich voneinander zu unterscheiden sind.
Die hohen, dunklen Berge der Stratovulkane neigen wegen der Zähflüssigkeit ihrer Magmen zu teilweise heftigen explosiven Eruptionen. Dennoch leben weltweit Millionen Menschen in teilweise enger Nachbarschaft zu Stratovulkanen.

Quiz: Vulkane und das Meer

Viel Spass bei deinem zweiten Quiz Vulkane und das Meer


Name
Email
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner