Was kann Nitrox nicht?

Über Nitrox wird viel erzählt, einiges davon lässt sich beim besten Willen nicht belegen. Du fühlst dich nach dem Tauchen mit Nitrox fitter? Kann sein, aber ob das wirklich am Gas liegt, ist mehr als fraglich. Du meinst, du könntest deine Oberflächenpause etwas abkürzen, weil du ja Nitrox tauchst? Das macht den nächsten Tauchgang ganz sicher nicht gesünder.

Kann ich meine Oberflächenpause mit Nitrox verkürzen?

Wir haben schon gesehen, dass wir mit Nitrox unsere Grundzeit verlängern ODER weniger Stickstoff aufnehmen können. Beides zusammen geht nicht, auch beim Tauchen mit Nitrox nehmen wir noch Stickstoff auf.
Das Risiko, DCS zu bekommen, wird durch die Nutzung von Nitrox nicht signifikant geringer. Das geht aus einer Studie hervor, die DAN 2017 veröffentlicht hat. Sie haben dort u.a. das Auftreten von Blasen nach dem Tauchgang gemessen und keinen relevanten Unterschied zwischen Tauchgängen mit Luft und mit Nitrox feststellen können. Kein Wunder – meistens nutzt man Nitrox ja doch, um etwas länger zu tauchen, und natürlich bilden sich auch da Blasen.
Relevant für unser DCS-Risiko ist aber die Menge an Blasen, die nach dem Tauchen noch durch unsere Blutbahnen zirkulieren. Bei den Messungen in derselben Studie ist (erneut) nachgewiesen worden, dass die höchste Blasenlast nicht direkt nach dem Tauchen auftritt, sondern an der Oberfläche beim Ausgasen noch weiter ansteigt.
In der Grafik sieht man die gemessene Blasenlast zu verschiedenen Zeiten nach dem Tauchgang. Wie wir hier sehen können, sind 30-45 Minuten nach dem Tauchgang die meisten Blasen im Körper nachweisbar. Wenn man genau in diesem Moment wieder ins Wasser geht, werden diese komprimiert und können sich weiter verteilen und mit dem dazukommenden Stickstoff wachsen. Nach 90 Minuten ist die Blasenlast wieder relativ gering. Egal ob Luft oder Nitrox, sind mindestens 90 Minuten Oberflächenpause also eine ganz gute Idee, um den Tauchgang sicherer zu machen. Diese abzukürzen, weil man ja Nitrox taucht, kann man wirklich nicht empfehlen.

 

Die ganze Studie kann man hier nachlesen:
D. Cialoni et al.: “Dive Risk Factors, Gas Bubble Formation, and Decompression Illness in Recreational SCUBA Diving: Analysis of DAN Europe DSL Data Base”
(Front. Psychol., 19 September 2017 | https://doi.org/10.3389/fpsyg.2017.01587)

Macht Nitrox wach? Oder schön?

Bisweilen werden Nitrox Dinge zugeschrieben, die deutlich über den eindeutigen Vorteil, weniger Stickstoff aufzunehmen, hinausgehen.

Sehr häufig wird behauptet, man sei nach Tauchgängen mit Nitrox weniger müde. Grundsätzlich ist das natürlich durchaus denkbar: Man nimmt weniger Stickstoff auf, hat nach dem Auftauchen eine geringere Belastung als nach demselben Tauchgang mit Luft. Wenn man also mit Luft gerade an den Grenzen entlang taucht, an denen dekompressiver Stress sich bemerkbar macht, kann Nitrox eventuell den Unterschied machen. Als dekompressiven Stress bezeichnet man dabei messbare Blasen und andere Marker, die noch keine Dekokrankheit sind, aber zeigen, dass der Körper einer gewissen Belastung ausgesetzt ist.

Das gilt aber nur dann, wenn man Nitrox benutzt, aber nach Luftgrenzen getaucht hat. In dem Moment, in dem man die durch Nitrox möglichen längeren Nullzeiten ausnutzt, hat man in Bezug auf den aufgenommenen Stickstoff eben keinen Vorteil mehr. Zudem ist man mit Nitrox immer höheren Sauerstoffpartialdrücken ausgesetzt als mit Luft, und auch das stellt für den Körper eine Belastung dar, führt also eher zu mehr Müdigkeit.

Wenn man sucht, ob es zu dem Thema aussagekräftige Studien gibt, findet man leider wenig. Aber immerhin gibt es eine, bei der 11 Taucher:innen bei simulierten Tauchgängen in einer Druckkammer entweder Luft oder ein EAN36 zu atmen bekamen, ohne zu wissen, welches Gas sie gerade haben. Die Tauchgänge gingen für 40 Minuten auf 18m, also innerhalb der Nullzeitgrenzen mit Luft. Vorher und nachher wurden einige Tests gemacht, mit denen so etwas wie Müdigkeit und Erschöpfung erfasst werden kann. Das Ergebnis: „Tauchgänge auf 18 m ergaben keinen messbaren Unterschied in Müdigkeit, Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit […] nach Tauchgängen mit einem der beiden Atemgase.“

Harris et al 2003: „Measurement of fatigue following 18 msw dry chamber dives breathing air or enriched air nitrox.“

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